1 - Die Emmausgeschichte heute

Die Emmausgeschichte heute

Unser Ostermontags-Gottesdienst passiert auf der Straße. Auf dem Weg. Nach Emmaus. Auf dem Weg nach Hause. Beim Gehen. Und beim Hören: Die wundervollen Spoken Word Künstler*innen Marco Michalzik und Leah Weigand haben einige der dunklen und lichten Momente aus der da_zwischen-Community in die Emmauserzählung eingebaut. Hört selbst:

Mitten aus dem Leben gegriffene Bruchstücke lieferten die Bausteine für diesen Spaziergang zwischen Tod und Leben. Die Spoken Word Künster*innen Marco Michalzik und Leah Weigand kreierten daraus ein Wortkunstwerk. Manuel Steinhoff legte die Beats zwischen die Zeilen. Das größte Buch aller Zeiten gab uns Grund für diese Erzählung: Lk 24,13-35.

Hier zum Anhören. Ab 17.04.20 auf allen Streaming-Plattformen zu haben:

Text: Leah Weigand & Marco Michalzik Musik: Manuel Steinhoff ©️ Edition Lautschrift Publishing ℗ poetrymeetsbeats GbR Produziert von Manuel Steinhoff für chunky monkey production Aufgenommen von Manuel Steinhoff @ monkey lab, MarburgGemischt und gemastert von Christian Fey @ CCF Creative, Schwabmünchen Spoken Word: Leah Weigand & Marco Michalzik Beats, Synths, Samples & Programmierung: Manuel Steinhoff Der Track enthält Samples des Users klankbeeld auf freesound.org, die als Creative Common zur Verfügung steht.

Hier der Text zum Nachlesen und Mitlesen:

Spaziergangsgedanken (Text: Marco Michalzik & Leah Weigand)

Part 1-  Leah:

Als wir dich unterwegs trafen und du fragtest, wie es uns geht,

weshalb die schweren Themen und versteinerten Mienen,

hätt ich am liebsten laut geschrien:

Sie haben das Leben getötet,

die Hoffnung erstickt

und du willst ernsthaft behaupten,

du hättest davon nichts gehört?

Warum macht sich der Planet überhaupt noch die Mühe,

wenn ein Stück fehlt im Gefüge,

sich trotzdem immer noch weiter zu dreh’n?

Wir wollten Triumpf-Träume wahrmachen,

doch liegen die jetzt bloß verstreut

auf dem ungefegten Boden der Tatsachen.

Part 2 – Marco:

Niedergeschlagene Spaziergangsgedanken

Vielleicht hilft ja das gemeinsame „Immer einen Fuß vor den anderen“

weil es zumindest für einen Moment das Gefühl von Fortschritt vorgaukelt

Und weil es gut tut ein Ziel zu haben,

das angepeilt und eingeschlagen

der Szenerie den schockiert-deprimierten Rücken kehrt,

Ein Monster Montag

Nach dem traumatischst-möglichen Wochenendtrip

Und wir hatten gehofft

und nicht im Traum dran gedacht,

dass wir eines Tages

die Hoffnung wortwörtlich begraben.

Und wir hatten gedacht,

Dass er irgendwas macht

Und irgendwie Macht

Demonstriert

Geduldig gewartet

Und großes erwartet

Nur für die nachricht,

Dass davon nun nichts mehr passiert

Und keiner ist reich und da ist auch kein Reich und alles ist falsch und die Gedanken sind furchtbar verdreht.

Was bleibt ist fürs erste nur dieser Weg und wie es weitergeht wird man sehen.

Wir sind die übrig gebliebenen Protagonisten

Einer zu Ende erzählten Geschichte

Nach denen keiner mehr fragt

sobald der letzte Satz

ausgelesen ist

Manchmal fühlt sich nach Hause gehen

Wie aufgeben an

Und gestern stimmt nicht mehr

Und klar macht das Angst

Wenn keiner das Morgen benennen kann

Und ich wünschte mir fast, du könntest irgend etwas sagen,

An das wir uns klammern können

Wie ertrinkende Träumer

an einen abgebrochenen Hoffnungsreanimationsast,

der zwischen den Zeilen herum treibt

Part 3 – Leah:

Hatten wir doch alles auf dich gesetzt

und reizten hoch hinaus,

denn unser Blatt sah endlich mal vielversprechend aus.

Mit vier, spiel fünf und roten Trümpfen verziert.

Doch hatten wir nicht gewusst,

dass am Ende Kreuz triumphiert.

Über all diese Zeit,

log er uns allen was vor?

Worte von Sieg und Freiheit,

hallen noch in meinem im Ohr.

Hallten von den kalten Felswänden,

in dem Grab in dem er lag,

die den Leichnam nahmen,

und die jetzt nur noch diese Leere rahmen.

Und diese Leere breitet sich aus,

wie ein Virus, der noch unbekannt,

in einem ungeimpften Land.

Und wenn etwas leer ist,

Hilft auch keine Halbvoll-Perspektive,

die mir der Persönlichkeitstrainer

in seinem Ratgeberbuch, zu lehren versucht.

Und dann erzählst du in diese Leere, nochmal alles von vorn.

In kurz und in breit, in meiner Denkgeschwindigkeit,

extra für mich ganz schlüssig verknüpft,

und ich erkenne, dass auch Du ein Logiker bist.     

Und ich mag’s, dass Du willst, dass ich verstehe

und wenn ich mal langsamer gehe,

passt du deine Schrittweite an.

Du führst keine Monologe und ich stell’ viele Fragen,

denn Du scheinst tatsächlich Ahnung zu haben.

Und mit jedem Wort, das du da sprichst,

entwirrt sich ein kleines Stück meines Gedankenknäuls

und wird neu eingesponnen, wie Wolle auf die Fadenrolle.

Und manchmal fallen uns keine Worte mehr ein,

die wirklich was sagen.

Also lassen wir das Reden kurz sein.

Für ein paar Kilometer sind wir einfach da

und Schweigen im Duett klingt ganz wunderbar.

Bis die Sonne dem Boden entgegen sinkt,

und das Heute schon mehr nach Gestern als Heute klingt.

Mit Hunger im Magen und Blasen am Fuß,

hebt sich Deine Hand schon zum Abschiedsgruß.

Aber…aber wenn Du da bist, fühle ich mich irgendwie ein bisschen wenige leer,

vielleicht sogar mehr noch als das.

Also komm und bleib. Bleib einfach hier mit uns zwei.

Bei dieser Leere und einmal Abendbrot für drei.

Part 4 – Marco:

Und dann fängst du zu reden an und ich bin kurz wie benommen,

denn deine Stimme klingt für mich nach “Essen kommen!”,

fühlt sich an, wie eine kühle Hand auf meiner fiebrigen Stirn,

riecht nach Keksen und schmeckt selbstgemacht.

So heimatlich vertraut,

als habe man Leere plötzlich voll gemacht

Und Zweifel mischt sich zaghaft unter noch recht ungläubiges Staunen

Brannte nicht unser Herz,

Als du unser zusammen-getretenes Lebenslagerfeuer angepustet hast

Vielleicht weil sich erst rückblickend zeigt,

Dass du bei uns warst die ganze Zeit

Auch, wenn es sich anders angefühlt haben mag

Brannte nicht unser Herz

als wir deine Worte hörten

als Deine Wege uns’re kreuzten,

und deine Gedanken unsre Enttäuschungsmonologe störten?

Haben wir dich nicht gesehen

In den alltäglichsten Gesten?

Und mit dem Schnitt in das Brot,

schneidest Du in uns’re Trauer-Dauerschleife hinein,

Bis alles pausiert und nur noch diese Frage bleibt

Kannst das wirklich du gewesen sein?

Kannst das wirklich du gewesen sein?

3 Kommentare

  1. ein wunderbarer Text, der das Geschehen von damals sehr gut nachfühlbar macht und mir die Augen ein bisschen mehr geöffnet hat. vielen Dank dafür!

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