Frontalansicht des Klosters Lichtenthal

Lieferheldinnen im Gebet

Die Ordensfrauen im Kloster Lichtenthal werden diesen Monat zu Lieferheldinnen. Sie liefern das, was wonach wir uns wirklich sehnen. Sie tragen es in ihrem Gebet vor Gott. Wer denkt, der Vergleich ist gewagt, der lese das Interview mit Äbtissin Sr. M. Bernadette.

Klosterkirche - Lieferheldinnen im Gebet
In der Klosterkirche Lichtenthal wird im November jeden Mittwoch in den Fürbitten für die Anliegen und Mitglieder der Netzgemeinde da_zwischen gebetet.

Sr. Bernadette, warum sind Sie hier im Kloster Lichtenthal?

Sr. Bernadette: Meine Berufung für ein Leben im Kloster hat viel mit dem Gebet zu tun. Ich war mit knapp 20 Jahren gelernte Biologielaborantin in einem Pharmakonzern. Über eine ökumenische Gebetsgruppe habe ich als junges Mädchen erfahren dürfen, dass Gott mich ganz persönlich anspricht. Ja, jeden einzelnen Menschen. Meine Sehnsucht war groß, mich für andere einzusetzen – etwas für viele tun. So kam ich auf diesen Berufungsweg, Ordensfrau zu werden. Mittlerweile arbeite und bete ich als Zisterzienserin 40 Jahre in Lichtenthal.

Haben Sie in den 40 Jahren an ihrem Weg gezweifelt?

Sr. Bernadette: Ich habe wie viele Menschen schon erfahren, wie es ist, alles in Frage zu stellen. Vielleicht gibt es eine Berufungsgeschichte mit Gott nicht ohne Tiefpunkte. Eine Praktiantin hat mich kürzlich gefragt, ob ich nicht bedaure, keine Kinder zu haben. (schmunzelnd): Ja, dann hab ich geantwortet, dass ich jetzt Mutter von 21 Frauen bin und noch von vielen mehr, die sich uns im Kloster anvertrauen.

Was bedeutet für Sie das Gebet – gerade auch in den Herausforderungen des Lebens?

Sr. Bernadette: In den 7 Gebetszeiten nach der Benediktsregel beten wir zu Beginn jedes Mal: „Oh Gott komm mir zu Hilfe, Herr eile mir zu helfen.“ Dieser Ruf ist wie ein Glaubensbekenntnis: Ich glaube Gott ist da, er hört mich, er ist barmherzig und rettet. Aus diesem Vertrauen heraus lebe ich und habe schon schwere Herausforderungen bestehen dürfen. Das Gebet für andere Menschen bedeutet für mich, dass ich nicht allein glauben muss. Auch wenn ich nicht mehr glauben kann, glauben andere für mich.

Wie gehen Sie damit um, wenn Gott schweigt – wenn unser Beten scheinbar keine Wirkung hat?

Sr. Bernadette: Ich würde vorsichtig sagen, dass wir auch schreien dürfen, dass wir klagen dürfen und dies Gott entgegenhalten. Wichtig ist, dass man in der Dunkelheit solcher Erfahrungen nicht allein bleibt. Auch das Füreinander-Beten kann ausdrücken, dass wir nicht allein sind. Vielleicht ist es auch so, dass wir manchmal nicht verstehen, warum Gott manches zulässt – wie ein Kind, das nicht versteht, warum es am tiefen Wasser nicht spielen darf. Wozu es gut ist, sehen wir oft erst später. Aber diese Antworten sind manchmal ein billiger Trost. Echten Trost erfahre ich nur, wenn ich auf die Auferstehung Jesu schaue, der uns dadurch den Himmel öffnet.

Impuls 2.11.18 - Lieferheldinnen im Gebet

Was bedeutet für Sie das Fürbittgebet, dass diesen Monat auch besonders für den Anliegen und Menschen der Netzgemeinde da_zwischen gilt?

Sr. Bernadette: Das Beten für andere verändert mich. Es weitet meinen Blick für die Sorgen und Freuden der Menschen. Es übt mich in Mitgefühl und in die Gegenwart Gottes ein. Ich vertraue darauf, dass Gott aus unseren Wünschen etwas überraschend Gutes macht. (lacht) Und manchmal sind wir Esel. Wir tragen zusammen mit anderen die Lasten vor Gott. Beim Betrachten des Evangeliums kam mir der Gedanke, dass unser Gebetsdienst so etwas ist, wie ein Bringen hin zu Jesus, so eine Art Mittler- und Bringdienst. Viele Geschichten im Evangelium erzählen davon, so der Gelähmte, der auf einer Bahre durch das Dach zu Jesus gebracht wurde. Ich bin dankbar für diesen Auftrag.

Gibt es noch etwas, das Sie den Mitgliedern von da_zwischen sagen wollen?

Das Vertrauen so vieler Menschen in unser Gebet aus der Netzgemeinde uns sehr berührt. Es war eine eindrucksvolle Fülle an persönlichen Anliegen, die wir mit unserem gemeinsamen Gebet zu Jesus gebracht haben. Es ist für uns auch eine Bestätigung, dass unser Gebetsdienst eine wichtige Aufgabe ist. Dankbar sind wir auch für die Menschen, die unsere Gemeinschaft ins Gebet schließen.

Vielen Dank, Sr. Bernadette, für Ihre Zeit und Ihr Gebet, danke dafür, dass Sie sich auf diese ungewohnten Wege über das „Smartphone“ eingelassen haben und dadurch zu unseren „Lieferheldinnen“ wurden.

konvent - Lieferheldinnen im Gebet
Die Klostergemeinschaft der Cistercienserinnen in Lichtenthal stehen in einer 773 Jahr alten Gebetstradition vor Ort. Die Gebetskette von der Gründung 1245 bis heute ist nie abgerissen.

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